Mit der WOOP-Technik ans Ziel

Veröffentlicht am 18.06.2021 von Elena Zelle (dpa)

Diese Frage gehört in Vorstellungsgesprächen quasi zum Inventar.: „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ Aber ist ein solcher Fünf-Jahres-Plan wirklich sinnvoll? Wie erfasst man überhaupt berufliche Ziele? Und wie schafft man es, am Ball zu bleiben - oder muss man das gar nicht immer?

„Die Frage nach dem Fünf-Jahres-Plan ist ein Klassiker“, sagt Kristine Qualen, Psychologin und Coach aus Hamburg. „Aber auch nicht mehr zeitgemäß.“ Das Berufsleben sei so schnelllebig geworden, sodass die Frage nicht mehr passend sei. Außerdem habe sich der Karrierebegriff verändert: Es gehe längst nicht mehr um stetigen Aufstieg.

Früher, so erklärt Pamela Grüninger, Karriereberaterin und Coach aus Tübingen, seien vor allem Titel, Trophäen und Status die Elemente von Karriere und Erfolg gewesen. Heute stehe viel mehr auch die Zufriedenheit und eine sinnstiftende Tätigkeit im Mittelpunkt.

Deshalb rät Qualen, sich bei den eigenen beruflichen Zielen nicht an Hierarchiestufen, sondern an Inhalten zu orientieren: Was reizt mich? Wie sollte meine Arbeit strukturiert sein? Was sind meine Fähigkeiten und Stärken? Wie viel Routine und wie viel neue Herausforderungen brauche ich? Welche Potenziale habe ich noch nicht voll ausgeschöpft? Solche Fragen können dabei helfen, die eigenen Ziele zu definieren. Immer größere Bedeutung im Beruf bekommt die Frage nach dem Sinnzusammenhang - auch Purpose genannt, sagt Qualen. Also die Überlegung: Warum mache ich etwas? Aber wie genau bekommt man das denn nun alles unter einen Hut, um ein konkretes berufliches Ziel zu fassen?

Eine Möglichkeit ist die WOOP-Technik, erklärt Qualen. Die Abkürzung steht für Wish (Wunsch), Outcome (Ergebnis), Obstacle (Hindernis), Plan (Plan). Zunächst wird der Wunsch identifiziert, dann malt man sich möglichst genau aus, was passiert, wenn man sein Ziel erreicht. Im nächsten Schritt - und das unterscheidet die Methode von vielen anderen - überlegt man sich, welche Hindernisse es auf dem Weg dahin geben könnte und entwickelt einen Plan B. „So schafft man es, sein Ziel weiter zu verfolgen, auch wenn etwas nicht klappt“, sagt Qualen.

Eine andere Möglichkeit, um Ziele und den Weg dahin zu definieren, ist die sogenannte Timeline-Technik, wie Grüninger erklärt. „Dabei geht man vom Ergebnis aus rückwärts und erarbeitet Schritte und Maßnahmen, die notwendig sind, um sein Ziel zu erreichen.“

Eine andere Möglichkeit ist es, sich ganz genau auszumalen, wie es aussieht, wenn man sein Ziel erreicht hat. „Wenn man sehr intrinsisch motiviert ist, reicht das aus.“ Häufig sei es darüber hinaus sinnvoll, sich Strategien zum Umgang mit Hindernissen zurecht zu legen.

In ihren Coachings beobachtet Grüninger außerdem: „Viele Menschen haben nicht gelernt, darauf zu hören was sie selber wollen. Sie haben nur funktioniert.“ Dann lasse sich mit Methoden, die das Unterbewusstsein einbeziehen, herausfinden, was die eigenen Bedürfnisse und Ziele sind. Zum Beispiel mit einer geführten Meditation. „Das fördert Ideen und Ziele zutage, die sonst nicht so präsent sind.“

„Viele Menschen haben nicht gelernt, darauf zu hören was sie selber wollen. Sie haben nur funktioniert.“
Pamela Grüninger, Karriereberaterin und Coach

Grundsätzlich sei es sinnvoll, sich immer mal wieder selbst zu fragen, ob man mit seiner beruflichen Situation zufrieden ist, sagt Grüninger. Dabei ist es wichtig, weg vom Hype um den Traumjob zu kommen, sondern auch realistisch zu bleiben. „Man muss nicht immer dem nächsten Ziel hinterherhechten. Wenn es gut läuft, dann ist es auch gut.“ Es könne schließlich auch ein berufliches Ziel sein, die Work-Life-Balance gut hinzubekommen.

Auch Kristine Qualen rät, regelmäßig innezuhalten und zu überlegen: Was findet von dem schon statt, was ich mir früher ausgemalt habe? So ein Rückblick könne sehr hilfreich sein. Denn manchmal hat man ein Ziel schon erreicht, und merkt es gar nicht so richtig. „Es muss nicht immer der anstrengende Weg sein, der zum Ziel führt oder zeigt, dass man das Ziel erreicht hat.“

Für jüngere Leute sei ein solcher Abgleich zwischen dem, was man will und wie die Arbeit dazu passt, viel normaler, sagt die Trainerin. Passt es nicht, ziehen sie häufig die Konsequenzen und suchen sich etwas Neues. „Sie sind fast beneidenswert stringent, wenn es um eigene Interessen geht.“ So erlebt auch Karriereberaterin Pamela Grüninger die jüngere Generation: Sie sei viel entspannter, was Lebens- und Karriereentwürfe betreffe. „Sie vertrauen darauf, dass es sich schon findet.“

Wer länger im Job ist, verliert seine Ziele manchmal aus den Augen. „Das ist undramatisch und ganz normal“, sagt Kristine Qualen. Interessant dabei sei nur, ob jemand zufrieden mit der aktuellen Situation sei. Oftmals entwickele man, je älter man wird, eine andere Haltung zu früheren Zielen. „Manche Elemente, wie zum Beispiel Führungskraft werden verlieren an Bedeutung.“

Denn die Vorstellungen davon, worauf man seine Energie verwenden will, ändern sich. Solange man zufrieden ist, müssen es nicht ständig neue oder noch höher gesteckte Ziele sein, wie Qualen betont: „Es muss nicht immer gleich die nächste Möhre her, die ich mir selber vorhalte.“ (dpa)