Betriebsbedingte Kündigungen und Kurzarbeit

Veröffentlicht am 06.07.2021 von Patrik Wallenstein, Rechtsanwalt - Kanzlei Dreher + Partner

Die Kurzarbeit soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers Arbeitsplätze sichern. Dieser Zweck wird mit der Kurzarbeit ohne Zweifel auch erreicht. Sie ist ein wirksames Instrument zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen. Was aber, wenn sich die Anordnung von Kurzarbeit aus Sicht des Arbeitgebers als nicht mehr ausreichend erweist und er auf das schärfere Mittel betriebsbedingte Kündigungen zurückgreifen muss? Es stellt sich die Frage, ob die praktizierte Kurzarbeit betriebsbedingte Kündigungen ausschließt.

Durch die Einführung von Kurzarbeit sollen einerseits Arbeitsplätze erhalten, andererseits sollen mit ihr Kündigungen vermieden werden. Kurzarbeitergeld wird im gekündigten Arbeitsverhältnis nicht geleistet. Aus der Annahme, dass die Einführung von Kurzarbeit Arbeitsplätze erhalten soll, könnte deshalb auf einen wechselseitigen Ausschluss von Kurzarbeit und betriebsbedingten Kündigungen geschlossen werden. Es könnte also angenommen werden, dass betriebsbedingte Kündigungen für den Fall von angeordneter Kurzarbeit ausscheiden.

Betriebsbedingte Kündigungen auch während der Kurzarbeit möglich

Die Einführung von Kurzarbeit stellt aber grundsätzlich keine generelle Alternative zum Ausspruch von Kündigungen dar. Schon hieraus ergibt sich rechtstechnisch, dass betriebsbedingte Kündigungen auch während laufender Kurzarbeit möglich sind. Die Rechtsprechung hat die Zulässigkeit des Ausspruchs von Kündigungen deshalb während der Kurzarbeit unter gewissen Voraussetzungen anerkannt und bestätigt.

Aus Sicht des Arbeitgebers ist die Begründung derartiger Kündigungen aber problematisch. Denn wesentliches Merkmal der Kurzarbeit ist, dass der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer nur von vorübergehender Natur ist. Nur dann wird nach den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen Kurzarbeitergeld gewährt. Demgegenüber setzt die Wirksamkeit einer Kündigung voraus, dass ein dauerhafter Wegfall des Beschäftigungsbedarfs vorliegt.

Der Arbeitgeber muss also in einem Kündigungsschutzverfahren durch konkreten Sachvortrag anhand seiner Auftrags- und Personalsituation dezidiert begründen, inwieweit es jetzt statt zu einem vorübergehenden Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit zu einem dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit gekommen ist. Es müssen also über die Gründe, die zur Einführung von Kurzarbeit geführt haben, weitere Gründe für den dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit hinzukommen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn es zum Wegbrechen weiterer Kunden oder zu einem weitergehenden und dauerhaften Auftragsrückgang gekommen ist. Vor allem dann, wenn es entgegen der ursprünglichen Erwartung zu Beginn der Anordnung der Kurzarbeit nicht zu der erwarteten Stabilisierung gekommen ist, sondern sich die Krise und der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit als dauerhaft erweist, kommt der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen in Betracht.

Problematisch kann auch die Frage sein, dass der Arbeitgeber beabsichtigt, gegenüber einzelnen Arbeitnehmern Kündigungen auszusprechen, während andere Mitarbeiter nach wie vor in Kurzarbeit verbleiben sollen. Damit kann es zu einem Widerspruch zwischen der Begründung der Kurzarbeit und der Begründung zur Kündigung kommen. Rechtsprechung ist hierzu noch nicht ergangen.

 

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