Fallstricke für den Arbeitgeber: Kündigung aus Anlass einer Erkrankung

Veröffentlicht am 15.03.2022 von Dr. Ulrich Hörl - Kanzlei Dreher + Partner

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.07.2021 – 5 Sa 93/21

Grundsätzlich endet die Pflicht des Arbeitgebers, an den Mitarbeiter Entgelt zu bezahlen, wenn das Arbeitsverhältnis endet.

Eine Ausnahme besteht, wenn der Arbeitgeber aus Anlass der Krankheit kündigt und der Mitarbeiter über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus arbeitsunfähig krank ist.

In dem entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während der verlängerten Probezeit am 11.11.2019 mit Ablauf des 19.11.2019 gekündigt.

Am 28.10.2019 erkrankte der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hörte dem Betriebsrat mit Schreiben vom 30.10.2019 zur beabsichtigten Kündigung an und erklärte, dass der Arbeitnehmer in die „in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt habe". Der Arbeitnehmer blieb bis zum 08.12.2019 arbeitsunfähig krank.

Der Arbeitgeber bezahlt bis zum 19.11.2019 Entgeltfortzahlung. Ab dem 20.11.2019 erhielt der Mitarbeiter Krankengeld von der Krankenkasse. Dieses Krankengeld verlangte die Krankenkasse von dem Arbeitgeber zurück.

Das Landesarbeitsgericht führt aus, dass der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts grundsätzlich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ende, §§ 3 Abs. 1 S. 1, 8 Abs. 2 EntgFG). Jedoch wird der Anspruch gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 EntgFG nicht dadurch berührt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt.

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Der Arbeitgeber kündigt dann „aus Anlass" der Arbeitsunfähigkeit, wenn die Arbeitsunfähigkeit wesentliche Bedingung der Kündigung ist. Es kommt auf die objektive Ursache, nicht auf das Motiv der Kündigung an. Maßgebend sind die objektiven Umstände bei Ausspruch der Kündigung. Es genügt, wenn die Kündigung ihre objektive Ursache und wesentliche Bedingung in der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hat und den entscheidenden Anstoß für den Kündigungsentschluss gegeben hat. Die Arbeitsunfähigkeit muss allerdings eine die Kündigung wesentlich mitbestimmende Bedingung darstellen. Sie muss den entscheidenden Anstoß für den Entschluss des Arbeitgebers zum Ausspruch der Kündigung gegeben haben.

Der Arbeitnehmer ist darlegungs- und beweisbelastet für den Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 8 Abs. 1 EntgFG. Kündigt der Arbeitgeber im zeitlichen Zusammenhang mit der Erlangung der Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass er aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt hat. Diesen Anscheinsbeweis kann der Arbeitgeber nach Auffassung des LAG Rheinland-Pfalz nur dann erschüttern, wenn er Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls beweist, aus denen sich ergibt, dass andere Gründe seinen Kündigungsentschluss bestimmt haben.

Im konkreten Fall konnte der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die unzureichenden Arbeitsleistungen des Mitarbeiters den wesentlichen Ausschlag für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben haben.

Aus diesem Grund musste der Arbeitsgeber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus keine Entgeltfortzahlung leisten. Hätte der Arbeitgeber diesen Beweis nicht führen können, hätte er für die Dauer von sechs Wochen Entgeltfortzahlung auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus leisten müssen.

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