Fortbildungen im Arbeitsverhältnis und Rückzahlungspflichten

Veröffentlicht am 10.11.2022 von Dr. Jan Schöll - Kanzlei Dreher + Partner

Viele Arbeitgeber engagieren sich gerade in der jetzigen Zeit sehr stark im Bereich der Fort- und Weiterbildung für ihre Mitarbeiter. Derartige Kosten können sehr hoch sein. Ein Arbeitgeber hat ein nachvollziehbares Interesse daran, dass sich seine Investitionen in Form der Weiterbildungen für ihn wirtschaftlich rechnen. Deshalb versuchen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nach einer Fort- oder Weiterbildung durch sogenannte Rückzahlungsvereinbarungen zu binden.

Rückzahlungsvereinbarungen in Arbeitsverträgen sind grundsätzlich zulässig - jedoch mit Einschränkungen.

In der Praxis versuchen Arbeitgeber deshalb, mit den Arbeitnehmern in der Regel vor der Fort- oder Weiterbildung schriftliche Rückzahlungsvereinbarungen zu treffen. Die Bindung des Arbeitnehmers geschieht in der Weise, dass der Arbeitnehmer verpflichtet wird, die Fortbildungskosten zurück zu bezahlen, falls er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf eines bestimmten Zeitraums kündigt. Die Rechtsprechung lässt derartige Rückzahlungsvereinbarungen grundsätzlich zu, stellt aber hohe Voraussetzungen an die Wirksamkeit derartiger Vereinbarungen. Unter anderem darf ein Arbeitnehmer durch die Rückzahlungspflicht nach einer Eigenkündigung nicht willkürlich lange an das Unternehmen nach Ende der Fort- oder Weiterbildung gebunden werden. Die Dauer der Bindung an das Unternehmen hängt von der Dauer der ab. Das Bundesarbeitsgericht hat dafür konkrete Staffelungen vorgesehen, die der Arbeitgeber bereits in der Vereinbarung berücksichtigen muss. Die längste zulässige Bindungsdauer beträgt danach in der Regel 3 Jahre.

Die maximal zulässige Bindungsdauer des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber hängt von der Dauer der Qualifizierungsmaßnahme, den Kosten der Maßnahme und dem Vorteil für den Arbeitnehmer ab, den er durch die Maßnahme erlangt.

Da sich der Vorteil der Qualifizierung für den Arbeitgeber mit jedem Monat der Weiterbeschäftigung realisiert, muss sich dies auch in der Höhe der Rückzahlung der möglichen Kosten widerspiegeln. Deshalb muss der Arbeitgeber in der Vereinbarung regeln, dass sich die Rückzahlungshöhe mit jedem Monat reduziert, den der Arbeitnehmer nach der Qualifizierungsmaßnahme für den Arbeitgeber arbeitet. Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in Abhängigkeit der oben genannten Kriterien beispielsweise für ein Jahr in der Form binden, dass der Arbeitnehmer die Kosten zurückbezahlen muss, falls er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Bindungsjahres kündigt, setzt eine wirksame Vereinbarung voraus, dass sich die Rückzahlungshöhe um ein Zwölftel für jeden Monat reduziert, den das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Maßnahme noch besteht.

Sehr hohe Anforderungen werden aber auch an die Gestaltung der Vereinbarung gestellt, wenn es um den Grund der Beendigung geht. Denn es wird nicht für zulässig erachtet, dass ein Arbeitnehmer die Qualifizierungsmaßnahmen unabhängig von dem Anlass der Beendigung zu bezahlen hat. Tatsächlich wäre es unbillig, den Arbeitnehmer mit der Rückzahlung der Weiterbildungskosten zu belasten, wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen beendet wird.

Bei Rückzahlungsvereinbarung ist darauf zu achten, aus welchem Grund das Ar-beitsverhältnis beendet wird.

Lange Zeit wurde die Auffassung vertreten, dass es zur Wirksamkeit von Rückzahlungsvereinbarungen ausreicht, wenn die Rückzahlungspflicht daran geknüpft wird, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund Eigenkündigung des Arbeitnehmers endet, es sei denn, der Arbeitgeber hätte diese Kündigung zu vertreten (bspw. weil er die Vergütung des Arbeitnehmers nicht mehr bezahlte).

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer ganz aktuellen Entscheidung vom 01.03.2022 - 9 AZR 260/21 - klargestellt, dass allein die Einhaltung dieser Voraussetzungen heute nicht mehr ausreichen. Eine wirksame Rückzahlungsvereinbarung muss jetzt auch solche Fälle ausklammern, in denen der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hat. Nach Auffassung des BAG ist die Rückzahlungsklausel gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie auch den Arbeitnehmer zur Rückzahlung verpflichtet, wenn dieser das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer kündigt, weil es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Das BAG stellt dabei auf solche Fälle ab, in denen der Arbeitnehmer dauerhaft krank wird und der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis deshalb von sich aus kündigt. In diesem Fall hätte der Arbeitgeber gar kein Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, weil er auch bei einem Fortbestand aufgrund der Krankheit nicht auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zurückgreifen kann. Die Rückzahlungsvereinbarung muss solche Fälle ausdrücklich von der Pflicht zur Rückzahlung ausnehmen. Tut sie dies nicht, ist die Vereinbarung unwirksam.

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