Hoffnung für Urlaubsanspruch für Kranke

Veröffentlicht am 06.05.2022 von Patrik Wallenstein - Kanzlei Dreher + Partner

Nach einem Gutachten des Europäischen Gerichtshofs besteht für Arbeitnehmer Hoffnung, dass Urlaub auch bei längerer Krankheit nicht verfällt. Aus dem Schlussantrag des Generalanwalts bei dem EuGH aus dem März geht hervor, dass der Arbeitgeber seinen Teil dazu beitragen muss, damit Urlaub gestrichen werden kann. So müsse er den Arbeitnehmer etwa auf entsprechende Fristen hinweisen.

Situation ohne Krankheit

Das hatte der europäische Gerichtshof schon für Problematik des Verfalls von Urlaub außerhalb einer Krankheit angenommen. Nach § 7 BUrlG verfällt der Urlaub grundsätzlich am 31.12. des Urlaubsjahres. Wenn der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden kann, verfällt er zumindest nach den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes am 31.03. des Folgejahres, wird also bis dahin übertragen. Das gilt nach einer Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2020 aber nur dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gelegenheit zur Inanspruchnahme des Urlaubs gegeben hat. Er genügt seinen Verpflichtungen nur dann, wenn er den Arbeitnehmer rechtzeitig dazu aufgefordert hat, den Urlaub in Anspruch zu nehmen und wenn er ihn gleichzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub verfällt, wenn er nicht in Anspruch genommen wird.

Verfall von Urlaub bei Erkrankung

Die oben dargestellte Regelung im Bundesurlaubsgesetz, wonach der Urlaub am 31.03. Verfällt, Hält der EuGH für unwirksam, wenn der Urlaub wegen einer Krankheit nicht genommen werden konnte. Der Urlaub, den der Mitarbeiter nicht nehmen konnte, weil er erkrankt war, verfällt danach erst 15 Monate nach dem Urlaubsjahr und nicht, wie nach dem Bundesurlaubsgesetz vorgesehen, mit Ablauf des 31.03..

Aufforderung zur Urlaubsnahme auch bei Erkrankung?

Umstritten ist, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch dann zur Inanspruchnahme des Urlaubs auffordern muss, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft und langfristig arbeitsunfähig erkrankt ist und deshalb den Urlaub nehmen konnte. Dann - so wird dieser Zusammenhang teilweise argumentiert - wäre die Aufforderung den Urlaub zu nehmen, eine reine Förmelei. Denn der Arbeitnehmer könne den Urlaub ohnehin nicht in Anspruch nehmen. Er wird deshalb auch dann verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs aufgefordert hat.

Ob diese Auffassung richtig ist, ist Gegenstand des aktuell bei dem EuGH anhängigen Verfahrens. Dessen Hintergrund sind zwei Verfahren bei dem Bundesarbeitsgericht. Diese Rechtsstreitigkeiten betreffen den Anspruch von zwei Mitarbeitern auf bezahlten Jahresurlaub für das Jahr, in dem sie aus gesundheitlichen Gründen erwerbsgemindert bzw. arbeitsunfähig waren. In dem einen Fall klagt ein Mitarbeiter, der meint, er habe für das Jahr 2014 noch 34 Arbeitstage Urlaub den er aus gesundheitlichen Gründen nicht hatte nehmen können. Der Arbeitgeber argumentiert, der nicht genommene Urlaub sei nach Ablauf des Übertragungszeitraums im Jahr 2016 erloschen. Im zweiten Fall war eine Mitarbeiterin im Jahr 2017 arbeitsunfähig geworden. Auch ihr stünde deshalb noch Urlaub zu, weil sie dies wegen der Arbeitsunfähigkeit nicht habe nehmen können. In beiden Fällen hatte der jeweilige Arbeitgeber die Kläger weder aufgefordert, ihren Urlaub zu nehmen, noch hatte er sie darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfallen könne.

Wenn der EuGH der Auffassung des Generalanwalts folgt, wäre der Urlaubsanspruch der in dem Verfahren betroffenen Arbeitnehmer nicht verfallen.

Praxishinweis

Auch dann, wenn der Arbeitnehmer erkrankt ist und deshalb seinen Urlaub nicht nehmen konnte, ist er vorsorglich zur Inanspruchnahme des Urlaubs aufzufordern und (unter Angabe des Zeitpunktes, zu dem der Urlaub verfällt) darauf hinzuweisen, dass der Verfall des Urlaubs droht. Das würde erst recht gelten, wenn der EuGH sich der Auffassung des Generalanwalts anschließt und entscheidet, dass der Urlaubsanspruch verfällt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs aufgefordert hat.

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