Weihnachtsfeier - arbeitsrechtlicher Fluch und Segen zugleich

Veröffentlicht am 20.12.2022 von Fabienne Haller - Kanzlei Dreher + Partner

Im Hinblick auf die anstehende Weihnachtszeit veranstalten eine Vielzahl von Unternehmen ihre jährliche Weihnachtsfeier. Weihnachtsfeiern dienen nicht nur der Stärkung des betrieblichen Zusammenhalts und fördern die Verbundenheit von Beschäftigten und der Unternehmensleitung. Vielmehr birgt eine solche Weihnachtsfeier auch Fallstricke im arbeitsrechtlichen Sinn.
 

Der Arbeitgeber entscheidet, ob es eine Weihnachtsfeier gibt

Der Arbeitgeber entscheidet frei darüber, ob es im Unternehmen eine Weihnachtsfeier gibt oder nicht. Eine Ausnahme davon besteht nur, soweit im Unternehmen eine Regelung im Rahmen einer Betriebsvereinbarung getroffen wurde oder ein Anspruch auf Durchführung einer Weihnachtsfeier aus betrieblicher Übung besteht. Voraussetzung für letzteres ist, dass die Veranstaltung einer Weihnachtsfeier in der Regel in mindestens drei aufeinanderfolgenden Jahren durchgeführt wurde. Im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung kann sich der Arbeitgeber zur Durchführung einer regelmäßigen Weihnachtsfeier verpflichten.

 

Keine Teilnahmepflicht - dafür aber Teilnahmerecht

Arbeitnehmer sind jedenfalls dann nicht verpflichtet, an einer Weihnachtsfeier teilzunehmen, solange diese nicht innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit stattfindet. Weihnachtsfeiern sowie Betriebsfeiern im Allgemeinen sind im Gesetz nicht geregelt. Auch in Arbeitsverträgen findet sich meist keine Regelung hierzu. Eine Pflicht zur Teilnahme würde das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzen. Findet die Weihnachtsfeier während der regulären Arbeitszeit statt und nimmt der Mitarbeiter nicht daran teil, hat er seine normalen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen und dementsprechend seine Arbeitsleistung zu erbringen. Ob der Arbeitgeber die Arbeitsleistung in dieser Zeit sinnvoll entgegennehmen kann, bleibt das Risiko des Arbeitgebers. Soll die aufgrund der Feier ausgefallene Arbeitszeit nachgeholt werden, hat der Arbeitgeber diese Verschiebung der Arbeitszeit zuvor anzuordnen.

Demgegenüber steht jedem Beschäftigten ein Teilnahmerecht an der Weihnachtsfeier zu. Dieses ergibt sich aus dem Grundsatz der allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung. Nach der Rechtsprechung des BAG ist eine freie Entscheidung über die Teilnahme nur dann gewährleistet, „wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten ausschöpft, um den nicht am Betriebsausflug teilnehmenden Arbeitnehmern die Weiterarbeit zu ermöglichen."

Der Arbeitgeber kann eine Teilnahme eines Mitarbeiters nur dann untersagen, wenn hierfür sachliche Gründe bestehen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn es sich bei dem entsprechenden Mitarbeiter um einen Sanitäter handelt, der im Zeitpunkt der Weihnachtsfeier Bereitschaftsdienst hätte oder soweit es die Einrichtung eines Notdienstes betrifft.

 

Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Der Arbeitgeber entscheidet, ob er eine Weihnachtsfeier veranstaltet oder nicht, der Arbeitnehmer entscheidet, ob er an dieser teilnimmt oder nicht. Auch wenn im Betrieb ein Betriebsrat besteht, ändert sich hieran nichts. Der Arbeitgeber ist frei in seiner Entscheidung. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn durch die Weihnachtsfeier die regelmäßige Arbeitszeit verkürzt oder diese verlegt wird.

Wird angeordnet, dass die durch die Feier ausgefallene Arbeitszeit nachgeholt wird, so kann ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehen.

 

Auch bei den wildesten Partys ist angemessenes Verhalten Pflicht

Die Weihnachtsfeier dient als geselliges Fest unter anderem der Stärkung des betrieblichen Zusammenhalts und lässt in lockerer Atmosphäre durchaus auch ein gelösteres Verhalten als am Arbeitsplatz zu. Hierdurch entsteht meist ein enger Kontakt mit Kollegen, durchaus auch aufgrund des Genusses von Alkohol. Trotz der losgelösten Stimmung besteht im Rahmen einer solchen Feier die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, sich angemessen zu verhalten. Als unangemessen gelten im Rahmen dessen z.B. wiederholte Beleidigungen des Arbeitgebers, Vorgesetzter oder Kollegen oder auch Belästigungshandlungen. Derartiges Fehlverhalten und unangemessenes Benehmen können weiterreichende arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, bis hin zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung.

Auch ist in Bezug auf den Genuss von Alkohol darauf zu achten, dass der Mitarbeiter sich hierbei nicht selbst überschätzt. Ist der Mitarbeiter am darauffolgenden Tag arbeitsunfähig krank - auch nachweislich durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - ist der Arbeitgeber nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Eine Entgeltfortzahlung erfolgt nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit unverschuldet ist, was bei einem übermäßigen Alkoholgenuss wohl nicht der Fall ist.

 

Versicherungsschutz für Unfälle: grundsätzlich "Ja" - aber nur soweit mit dem Gemeinschaftszweck vereinbar

Die Weihnachtsfeier ist vom Versicherungsschutz umfasst, soweit sie als Gemeinschaftsveranstaltung der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und der Belegschaft sowie der Mitarbeiter untereinander dient. Hierzu muss die Feier von der Unternehmensleitung veranstaltet, zumindest gebilligt oder gefördert werden. Geschieht ein Unfall auf dem Weg zu oder von der Weihnachtsfeier, sind Arbeitnehmer grundsätzlich unfallversichert, jedenfalls solange sie keine Umwege fahren. Unfälle unmittelbar auf bzw. während der Weihnachtsfeier gelten grundsätzlich als Arbeitsunfälle. Nach Ende der Weihnachtsfeier gelten Unfälle nur dann als Arbeitsunfälle, wenn der Unfall auf einer Tätigkeit beruht, die im Zusammenhang mit der Feier steht (z.B. im Rahmen von Aufräumarbeiten).

Kein Versicherungsschutz besteht, wenn die Veranstaltung lediglich der Kontaktpflege der Beschäftigten untereinander dient. Auch reine Freizeitveranstaltungen oder Sporteventssind nicht vom Versicherungsschutz umfasst, auch wenn diese im zeitlichen oder räumlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen. Bei Unfällen infolge übermäßigen Alkoholgenusses während der Feier besteht nur eingeschränkt Versicherungsschutz. Ein Unfall liegt in diesem Fall dann außerhalb des Versicherungsschutzes, wenn die Trunkenheit rechtlich allein die wesentliche Ursache für den Unfall war. Auch wenn auf einer Weihnachtsfeier Alkohol ausgeschenkt wird sind die Arbeitnehmer für einen maßvollen Konsum selbst verantwortlich. Der Arbeitgeber muss grundsätzlich keine besonderen Sicherungsmaßnahmen gegen einen übermäßigen Alkoholkonsum treffen.
 

Anfahrtskosten zur Weihnachtsfeier sind grundsätzlich Sache des Arbeitgebers

Die Kosten für die Anfahrt zur Weihnachtsfeier hat grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen. Diese Kosten sind auf den zur Verfügung stehenden Freibetrag für die Feier anzurechnen. Eine Anrechnung findet ausnahmsweise dann nicht statt, wenn die Organisation der Anreise dem Arbeitnehmer obliegt und die Anfahrt der Teilnahme dient.

 

Ob Weihnachtsgeschenke gemacht werden entscheidet der Arbeitgeber - beim „wie" hat unter Umständen der Betriebsrat mitzubestimmen

In vielen Unternehmen wird zusätzlich zur Zahlung von Weihnachtsgeld die Wertschätzung für die Mitarbeiter auch dadurch ausgedrückt, dass kleine Geschenke gemacht werden. Grundsätzlich sind Sachgeschenke an die Belegschaft als Betriebsausgaben beim Arbeitgeber abzugsfähig und beim Arbeitnehmer lohnsteuerpflichtig. Ob der Arbeitgeber zu Weihachten Geschenke verteilt, ist ihm überlassenen. Wie die Leistungen verteilt werden, unterliegt jedoch dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG). Geschenke sind kein Teil des Arbeitslohns, wenn sie einen Wert von 60,00 € nicht übersteigen.

Auf einer Weihnachtsfeier überreichte Sachzuwendungen sind Teil der Aufwendungen der Weihnachtsfeier und müssen auf den zur Verfügung stehenden Freibetrag angerechnet werden. Nach dem Bundesfinanzhof stellen Vorteile bis zu einer Höhe von momentan 110,00 € pro Mitarbeiter keinen lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Begründet wird dies damit, dass derartige geringfügige Zuwendungen nicht dem einzelnen Arbeitnehmer als Entlohnung dienen, sondern lediglich dem mit der Weihnachtsfeier verfolgten Zweck. Da sie der gesamten Belegschaft zugutekommen, werden die aufgewendeten Gesamtkosten durch die Anzahl sämtlicher Teilnehmer der Weihnachtsfeier dividiert. Übersteigt das Ergebnis die Freigrenze von 110,00 € pro Mitarbeiter, so ist nicht nur der übersteigende Anteil, sondern der gesamte Betrag steuerpflichtig.

Arbeitnehmer, die nicht an der Weihnachtsfeier teilnehmen, haben auch keinen Anspruch auf ein auf der Feier verteiltes Weihnachtsgeschenk. So z.B. auch im Fall vor dem Arbeitsgericht Köln, als der Arbeitgeber an alle Teilnehmer der Weihnachtsfeier ein iPad mini verteilte und das Gericht entschied, dass bei Nichtteilnahme auch kein Anspruch auf ein solches iPad besteht.

Eine Weihnachtsfeier birgt demnach trotz des besinnlichen und schönen Anlasses zahlreiche arbeitsrechtliche Tücken, die es nicht nur für Arbeitgeber, sondern auch für Arbeitnehmer im besten Fall zu kennen gilt.

 

Fabienne Haller

Rechtsanwältin

Dreher + Partner mbB

Ravensburg